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Geschichten vom Klabautermann

Der Sturm

Klabautermann

Fortsetzung folgt

Caro's maritime Kinderecke

Geschichten vom Klabautermann

Klabautermann

Mit übereinandergeschlagenen Armen stand der alte Lotse Martin Koch an der Brustwehr des Blankeneser Fährhauses und schaute sinnend auf die Elbe hinaus. Dem erfahrenen Seemann zur Seite stand Jakob, sein jüngster Sohn, der einzige, der ihm von vier hoffnungsvollen Knaben übriggeblieben war, denn die anderen waren vor den Augen des Vaters ertrunken, ohne dass der sie zu retten vermocht hätte. Der Wind spielte mit den Wipfeln der alten Linden und trieb das gelbliche Laub, das noch hier und dort an den kahlen Zweigen hing, vor sich her. Jakob, der endlich des Wartens müde wurde, rüttelte den Vater am Arm: »Was sinnt Ihr denn? Ich stehe hier doch auch schon längere Zeit und kann auf der Elbe nichts Besonderes sehen. Sie liegt ganz ruhig da, und wir werden eine glückliche Fahrt haben.« »Vielleicht«, brummte der Alte. »Ich denke ganz gewiss. Die letzten Nachrichten sind günstig. Seit dem anhaltenden Ostwind haben sich in der Nordsee und im Kanal viele Schiffe gesammelt und der seit heute wehende Nordwest führt sie uns zu. Was gilt's, wir machen grosse Beute.« »Oder lassen sie zurück.« »Ihr habt einmal wieder Euren bösen Tag«, entgegnete unwillig der Sohn. »Da darf kein Mensch ein Wort sagen, oder Ihr brummt stundenlang.« »Junge!« rief der Alte mit gepresster Stimme und zeigte mit der Hand nach Westen. »Weisst du nicht, dass ich dort hinaus heute vor vier Jahren deine Brüder vor meinen Augen ertrinken sah?« Jakob errötete; seine Augen füllten sich mit Tränen: »Alle drei! Hans, Nikolaus und Christoph. Sie gingen an einem Sonntagmorgen fröhlich in die See hinaus; ich habe sie nicht wiedergesehen.« Der Alte war ungewöhnlich weich. Er bedeckte die Augen mit der Hand und sagte leise: »Gott nehme ihre Sünden von ihnen und schenke ihnen Frieden.« Vater und Sohn standen beieinander und sahen vor sich nieder, ohne die Stille zu unterbrechen. Der Nordwest erhob sich frischer: die Flut liess allmählich nach. Da trat der alte Röhrs, Martin Kochs langjähriger Freund und Gefährte, in seinen braunen Umhang gehüllt, die schwarze Bärenmütze über die Ohren gezogen, aus dem Fährhaus: »Vorwärts!« rief er schon auf der Schwelle. »Es ist höchste Zeit. Die Ebbe tritt ein, und der Wind geht nach Süden, wir haben keinen Augenblick zu verlieren!« »Das habe ich dem Vater auch sagen wollen, aber mit dem ist heute nichts anzufangen«, entgegnete Jakob dem alten Freund und setzte flüsternd hinzu: »Heute sind's vier Jahre, dass meine Brüder ertranken. Ihr wisst ja, der Ewer schlug um, als sie dem grossen Amerikaner zu Hilfe eilen wollten, der im Sturm ohne Masten trieb. Der Vater war als einziger Lotse auf einer dänischen Bark; er sah vom Deck aus das Unglück und konnte nicht helfen.« »Hm, hm«, meinte kopfschüttelnd der alte Röhrs. »Wer mag ihm das wieder in den Sinn gebracht haben?« Er legte seinem Gefährten die Hand auf die Schulter und sagte mit weicher Stimme: »Lass ruhen die Toten, sie schlafen in Frieden.« »Lass ruhn! Lass ruhn!« fiel der mit einem tiefen Seufzer ein und drückte die Hand des Freundes.

Die Flut war vorüber. Die auf der Elbe ankernden Fahrzeuge begannen zu schwojen. An der hannöverschen Seite war die Ebbe schon in vollem Gange. Auf dem Ewer, der Koch und Röhrs gemeinschaftlich gehörte, zog der Knecht die Signalflagge auf. »An Bord! An Bord!« rief Jakob treibend. »Es ist höchste Zeit!« Mit diesen Worten sprang er den Berg hinab. Unten stand Mieke, des Nachbars Tochter und Jakobs Erkorene. Sie hatte Tränen in den Augen und blickte den lebenslustigen Jüngling wehmütig lächelnd an. »Du gehst schon wieder in See«, sagte das Mädchen, »und bist kaum drei Tage hier. Und in den drei Tagen habe ich dich kaum zweimal gesehen.« »Weinen musst du nicht!« rief Jakob, sie umschlingend. »Das schickt sich nicht für die Braut eines braven Seemanns. Küss mich, Mädchen, geh in Frieden nach Hause und bete, dass es mir wohl gehe! – dann sehen wir uns in acht Tagen gesund wieder.« »Oder auch niemals! Ach, wenn du das unglückliche Schicksal deiner Brüder hättest!« »Wer wird an solche trübseligen Dinge denken? Die Sturmzeit ist vorüber, das Wetter hat sich gesetzt. Sei guten Mutes, Mädchen! Wenn diese Reise glückt, können wir im Winter Hochzeit halten!«

Da ertönten vom Ewer her die rufenden Stimmen der Alten. Er entriss sich den Armen des Mädchens und flog an Bord. Der Anker ward gelichtet, das grosse Segel aufgezogen, und rasch flog der Ewer dahin. Jakob stand auf der äussersten Spitze und sah nach dem Ufer zurück, wo sein Mädchen, mit dem Tuch winkend, stand. Er schwenkte seinen Hut und rief ihr ein lautes »Hurrah!« Sein Falkenauge erblickte das liebende Mädchen noch immer, als schon die Hammerschläge der Schiffszimmerleute auf der Schulauer Werft ihnen entgegentönten. Die Ebbe verlief sich. Mit der wiederkehrenden Flut ward es finster, und der Wind stürmte aus Nordwest. Die Lotsen gingen an einer ruhigen Stelle vor Anker. Die Nachtwachen wurden verteilt. Jakob erhielt die erste, Röhrs die zweite. Als dessen Zeit kaum zur Hälfte um war, kam sein Freund ihm bereits entgegen: »Ich habe genug geschlafen und will schon achthaben. Leg dich getrost nieder.« Martin Koch ging auf dem kurzen Deck hin und her. Es war eine frische Kälte. Die Einsamkeit wirkte nicht wohltätig auf den alten Mann; die traurigen Bilder, die vor der Abfahrt seine Sinne umdüstert hatten, stiegen aufs Neue vor ihm auf. Er seufzte tief und ging mit starken Schritten auf und ab, aber die Ruhe wollte nicht kommen. Eine halbe Stunde war ungefähr vergangen, da betrat der alte Röhrs das Deck: »Den möchte ich sehen, der schlafen könnte, wenn du mit deinen Füssen Alarm trommelst! Was fehlt dir denn?«

Martin Koch seufzte: »Gib mir meine Kinder wieder! Ich bin verwaist und kinderlos.« »Kinderlos? Hast du nicht einen tüchtigen Jungen, der zu deiner und aller Menschen Freude heranwächst?« »So lange es dem Klabautermann gefällt!« »Dem Klabautermann? Ich habe dich für zu vernünftig gehalten und mir eingebildet, dass du nicht an solchen Unsinn glaubtest.« »Unsinn?« seufzte der unglückliche Vater. »Dafür hielt ich es auch, bis ich zu meinem Unglück eines andern belehrt wurde. Höre mir zu!« Er zog seinen Freund zu sich auf die Ankerwinde und begann: »Wir sassen einst unser sieben bis acht junge Kerle am Strand der Insel Neuwerk und schauten neugierig in die See nach einem Schiff, das vom Sturm nach Norden geschleudert war. Einige von uns gedachten der Gefahren, welchen es in der vergangenen Nacht ausgesetzt gewesen war. ›Alles geht gut‹, sagte der lange Klaus, ›solange der Klabautermann bei ihnen aushält; wenn der aber das Schiff verlässt, ist weder an Glück noch an Segen zu denken!‹ Einige lachten, einige schwiegen. Ich wusste nicht recht, ob ich böse werden sollte oder nicht, und fragte endlich, als wüsste ich kein Wort davon: ›Was ist das für ein Kerl, der Klabautermann?‹ Der lange Klaus stand auf, sah mir fest in die Augen und sagte: ›Kennst du ihn wirklich nicht, so ist es gut; kennst du ihn aber und verleugnest ihn, so steht es schlimm um dich.‹

Diese mit starkem Ton gesprochenen Worte machten einen sonderbaren Eindruck auf mich. Ich hatte schon vieles von diesem seltsamen Ding gehört und es überlief mich kalt. Aber um meine Verwirrung nicht merken zu lassen, wandte ich mich von ihm ab und sagte: ›Ich habe von dem Kerl nichts gehört.‹ ›So will ich dich mit ihm bekannt machen, weil ich nicht glauben mag, dass du ihn absichtlich verleugnest. Wenn du es tätest, wäre es dein grosser Schade, denn er würde dich sogleich verlassen, und wie es dann um dich steht, würdest du zu deinem Unglück nur allzubald erfahren. Der Klabautermann ist ein Geist, der auf jedem Schiff heimisch ist und es vor Gefahren schützt. Solange er an Bord ist, wird weder dem Fahrzeug noch der Mannschaft irgendein Leid geschehen. Aber er ist auch leicht zu vertreiben und dann kehrt er nicht wieder zurück. Du weisst wohl, dass ich mich in früheren Jahren tüchtig unter fremden Seeleuten umhergetrieben habe. So befand ich mich denn auch einstmals zu Plymouth, und war mit einem alten Fischer, bei dem ich mich in Kost gegeben hatte, nach dem Eddystone [Fussnote: Felsen ca. 25 km vor Plymouth an der englischen Südküste, trägt heute einen Leuchtturm.] hinausgefahren.

Das schöne Wetter, das uns auf die offene See gelockt hatte, verwandelte sich in einen heftigen Nordwest, so dass wir Gott dankten, als wir hinter dem schützenden Felsen von Eddystone lagen. Wir sassen um ein glimmendes Kohlenfeuer und sahen rückwärts auf das offene Meer, dessen hoc hgehende Wellen ein unter französischer Flagge segelndes Schiff hoch in die Luft hoben und wieder in den tiefsten Abgrund schleuderten. Kein kundiger Lotse schien an Bord zu sein, das Schiff war in der äussersten Gefahr, und mehrere meiner Gefährten, obgleich keine Lotsen, wollten versuchen, ihm Hilfe zu bringen. Der alte Sym aber meinte, das sei eine unnütze Arbeit; er habe bemerkt, dass der Klabautermann den Franzosen verlassen habe, darum müsse dieser untergehen und zwar noch eher als die Sonne. Darum lasst uns um ein seliges Ende für die bitten, die auf dem Schiff sind, mit diesen Worten zog der alte Mann seine Kappe und faltete die Hände. Ich ahmte ihn nach, aber während des Gebetes schweifte mein Auge über die Wasserfläche hin zu dem französischen Schiff. Da erhob sich plötzlich der Sturm mit ungeheurer Kraft, zwei Wellen, die eine höher und schrecklicher als die andere, rollten von Nordwest heran, eine dichte Wolke, die sich über das Schiff zusammengezogen hatte, sank immer tiefer, Blitze leuchteten, der Donner krachte. Der alte Sym fuhr zusammen. Bald darauf teilten sich die Wolken, die Sonne warf ihre matten Strahlen auf die grollende See, die die Trümmer des französischen Schiffes begrub. Ich stand wie erstarrt und fragte Vater Sym, als ich mich mühsam erholt hatte, wie er das Unglück habe vorher wissen können? Er aber ergriff meine Hand und führte mich auf die höchste Spitze des Eddystones. Hier sahen wir weit hinaus in die schäumende See, und der alte Fischer sagte zu mir: Klabautermann ist der Name des Geistes, der das Schiff und die Matrosen beschützt. Wo er sich an Bord befindet, ist allen wohl, und nur gezwungen wechselt er seinen Aufenthalt. Er ist nicht immer sichtbar, sondern erscheint nur zur Stunde der Gefahr; wehrt den drohenden Winden, fesselt die vernichtenden Wellen und deckt die lauernden Klippen mit seinen Händen zu. Und nun rücke näher, mein Sohn, und vernimm das Entstehen und Vergehen dieses schützenden Geistes. Der Klabautermann ist kein Wesen, das zum Schutz der Menschen aus dem Himmel niedersteigt, um Hilfe zu bringen in der Stunde der Not, sondern die Menschen selbst haben die Kraft, diesen Schutzgeist zu schaffen. Weisst du, was von dem Klabautermann unsere Väter erzählen, welche nicht, wie ihr Deutsche, glaubten, es sei ein wirkliches Gespenst, das zwischen den Tauen und Segeln herumwandele und den frommen Seemann beschütze? Die Alten lächelten über dies Märchen und sagten: Wir wollen das nicht glauben, denn es ist eitel Gewäsch, und die Sache liegt anders. Wenn ein Schiffer mit seinem Schiff hinausfährt auf die See und er geht mit seinen Leuten christlich und liebevoll um, und diese wiederum mit ihrem Brotherrn und sind ihm treu in jeglicher Not und dienen ihm gerne, und in den Ländern, wohin sie kommen, tun sie viel Gutes, beide, sowohl der Herr als auch die Knechte, so sind Gott und Menschen angenehm und daraus wird für sie ein schützender Engel, der sie im Strudel des Lebens nicht untergehen lässt.

Wenn aber der Schiffsherr mit seinen Leuten den Weg der Liebe verlässt und den des Zorns betritt, so wird die schützende Gestalt aus Schmerz über die Untaten, die sie sehen muss, immer kleiner, bis sie endlich ganz verschwindet. Mit ihr aber ist auch der Geist des Guten gewichen und alles ist verloren. Hier hielt der lange Klaus mit seiner Erzählung inne«, so fuhr der alte Martin Koch gegen den Freund gewendet fort. »Mir war bei dem, was ich gehört hatte, so angst und bange geworden, dass ich heftig zitterte. Klaus bemerkte es und sagte, indem er mir einen stechenden Blick zuwarf: ›Hast du den Klabautermann, der dein Freund gewesen ist, verleugnet, indem du abtrünnig wurdest, so bleibt die Strafe nicht aus.‹ Darauf ging er von mir und warf einen prüfenden Blick auf die See und nach dem Schiff, das noch immer in grosser Gefahr schwebte, obwohl, wie wir an den Signalen sahen, tüchtige Lotsen an Bord waren. Ich stand auf und sah die tobenden Wellen an. Gern wäre ich in ihren offenen Rachen gesprungen und hätte mich von ihnen verschlingen lassen, so war mir zumute. Da war es plötzlich, als ob ein matter Blitz den ganzen westlichen Horizont durchzuckte, und ein leiser Donner rollte über die horchenden Wellen nach Norden. ›Notschüsse! Notschüsse! Geschwind, geschwind in den Ewer!‹ schrie der lange Klaus, als nun ein zweiter und dritter Schuss fiel. Schnell sprangen wir in unser Fahrzeug, das vor dem dreifach gerefften Segel durch die schäumenden Wellen flog. Aber die Wellen waren noch schneller als wir, sie bedeckten unser Fahrzeug, und der Mast nahm, durch die Kraft des Segels, eine fast bogenförmige Gestalt an. Da schlug plötzlich ein dumpfes Krachen an unser Ohr und jedes Auge flog nach dem Schiff, dem wir zu Hilfe eilten. Unsere Mühe war vergebens. Als ob es von der Erde vertilgt worden sei, war es plötzlich unseren Blicken entschwunden, ein reissender Wirbelstrom hatte es in die Tiefe gezogen, und nur mit Mühe gelang es uns, selbst das Land wieder unbeschädigt zu erreichen.« So endete der alte Martin Koch seine Erzählung vom Klabautermann und warf den starren Blick auf die schäumende Elbe. Röhrs, der mit Aufmerksamkeit zuhörte und bald beifällig nickte, bald unwillig mit dem Kopf schüttelte, sagte jetzt mit gutmütigem Ton: »Wie kann ein alter vernünftiger Mann an solche Dinge glauben? Das mag vor langen Jahren wohl Mode gewesen sein, aber heute kümmert sich kein Mensch mehr darum.« »Doch! Mehr als du denkst. Und dass ich es kurz mache, ich habe diesen Klabautermann selbst gesehen.« »Du?« fragte Röhrs ungläubig und betrachtete den Freund mit ängstlich fragenden Blicken. »Ja, ich! Und weil es nun doch einmal scheint, dass die Stunde des Gerichts gekommen ist, so sollst du mein Richter sein. Höre mir aufmerksam zu, denn ich will vor dir beichten und dir alles bekennen.« Röhrs gehorchte, denn die letzten Äusserungen des Freundes hatten ihn ganz ausser Fassung gebracht. Er stützte den Kopf mit der Linken, und presste die Rechte mit solcher Heftigkeit gegen die Brust, als wollte er den lauten Schlag des Herzens dämpfen. Dabei ah er mit ängstlichen Blicken seinem alten Freund in das matte Auge. Dieser begann: »Ich bin immer ein armer Teufel gewesen und habe mich tüchtig herumplagen müssen, um nur mein Stückchen Brot zu haben. Daraus machte ich mir wenig, ich schlug jeder Sorge ein Schnippchen und ich hätte mein Leben mit Fröhlichkeit zu Ende gebracht, wenn nicht die Liebe sich in mein Herz eingenistet und mich Armen zeitlich und vielleicht auch ewig unglücklich gemacht hätte.

Du hast den alten Viet, den Vater meines verstorbenen Weibes, geannt. Er galt als der reichste Lotse, nicht nur in unserm Blankenese sondern auch weiter hinauf nach Neumühlen und über die Elbe im Hannöverschen. Ich sah seine Tochter, die schöne Elsbeth, zuerst auf dem Altonaer Jahrmarkt, als der Vater sie von einer Verwandten abholte, bei er sie längere Zeit gelebt und die Wirtschaft gelernt hatte. Als ich sie einige Male gesehen hatte, fühlte ich bald, dass meine Ruhe hin und das Leben mir ohne sie nichts mehr wert sei. Sobald es daher möglich war, näherte ich mich ihr und gab ihr zu verstehen, dass ich mit ihrem Vater, und also auch mit ihr, weitläufig verwandt sei. Sie war freundlich und sprach einige Zeit mit mir. Den andern Tag ging ich zum alten Viet. Ich wusste selbst nicht, wie ich dazu kam, einen Mann zu besuchen, zu dem ich sonst nie gegangen war, weil er mich und die übrigen armen Verwandten mit so schonungslosem Stolz behandelte. Ich traf ihn vor seiner Haustür in der Lindenlaube und redete ihn mit freundlichem Grusse an. Er sah mich von oben bis unten an, und fragte gedehnt: ›Was willst du?‹ Ich hatte wenig darüber nac hgedacht, was ich dem Alten bei einem Besuch eigentlich sagen wollte, darum wurde ich bei dieser Frage blutrot und schlug die Augen so fest zu Boden, als ob ich im Gras vor mir etwas suchte. Vergebens suchte ich nach einem Wort der Erklärung. ›Das ist einmal wieder eine stillschweigende Bettelei‹, brummte er. ›Die Mühe hättest du dir sparen können. Ich gebe ein für alle Mal nichts, ausser am heiligen Weihnachtsabend.‹

Das hiess meiner Ehre zu nahe treten, und mit erglühendem Gesicht ihn fest anblickend, sagte ich: ›Herr Vetter, ich habe, wie Er wohl weiss, von Seiner Güte am heiligen Weihnachtsfest noch nie Gebrauch gemacht, und mit Gottes Hilfe soll es auch nimmer geschehen. Arm sein schändet nicht, aber Almosen nehmen schändet, so lange man noch arbeiten kann. Gerade darum komme ich zu Ihm, denn da ich eben ausser Dienst gekommen bin, wollte ich Ihn fragen, ob Er nicht jemand brauchen kann, der Ihm seine Arbeit tut und nach dem Rechten sieht?‹

Er wurde auf einmal ganz freundlich und sagte aufstehend: ›Sieh! Sieh! Wie gut sich das trifft. Ich brauche allerdings einen zuverlässigen Mann für meinen neuen Ewer, den ich habe bauen lassen. Hast du dazu Lust, dann kannst du gleich heute eintreten.‹ Dazu hatte ich allerdings Lust. Wir gingen in das Haus, ich gab ihm Handschlag und Unterschrift und blieb zum Essen. Als Elsbeth hörte, dass ich ihr Hausgenosse geworden war, glaubte ich zu bemerken, dass ihr dies nicht unlieb sei. Nun lebte ich abwechselnd auf meinem neuen Ewer in der Nordsee oder am Lande in Viets Haus. Elsbeth wurde mir von Tag zu Tag lieber, und auch sie schien fast nicht mehr ohne mich sein zu können. Eine Menge Schiffe, die sich eines Tages vor der Mündung der Elbe befand, hatte es beidem Mangel an Lotsen nötig gemacht, dass ich, der längst des Fahrwassers kundig war, an Bord eines der Schiffe gehen musste. Ich brachte es wohlbehalten binnen und betrat, ausser mir vor Freude, das Haus des Vetters, der mich wohlgefällig anhörte und dann sagte: ›Es freut mich, dass du in mein Haus gekommen bist; wer weiss, was noch geschehen kann, wenn wir übers Jahr wieder so beisammen sind.‹ Das Blut schoss mir ins Gesicht, als ich mir dachte, was er meinen konnte. Gewiss nicht das, was bald darauf geschah, denn als ich einen Monat später wieder von See nach Hause kam, nachdem ich ein englisches Barkschiff glücklich eingebracht hatte, stürzte mir Elsbeth in tiefer Trauer und laut weinend entgegen. Der Vetter war vor einigen Tagen am Schlagfluss gestorben und am Abend vor meiner Rückkehr schon beerdigt. Nach der Trauer heiratete ich meine Elsbeth. Sechs Jahre lang lebten wir glücklich zusammen. Sie hatte mir drei gesunde Knaben geboren, am ersten Morgen des siebenten reichte sie mir den vierten, den Jakob, und verschied in meinen Armen. Das gute Weib hatte nur für mich und die Kinder gelebt. Dass sie reich und ich arm war, liess sie mich nie fühlen; es schien sogar, als ob alles, was sie irgend brauchte, ein Geschenk meiner Güte sei. Dagegen berührte ich in der ersten Zeit das ihr gehörige Vermögen immer nur mit einer gewissen Scheu, aber nach und nach legte sich mein Stolz und ich wünschte mir, ebensoviel Geld aufzuweisen, wie meine Frau mir zugebracht hatte. Ich fing mancherlei an, um es dahin zu bringen, aber es wollte mir durchaus nicht glücken. Je öfter meine Pläne fehlschlugen, desto eifriger wurde ich; es war, als ob mein guter Geist von mir wich und dem Teufel des Geizes und der Habsucht Platz gemacht habe, so dass ich oft zankte und lärmte um nichts; ich war ein verdriesslicher, grämlicher Kerl und bereitete meinem Weibe dadurch vielen Kummer. Nun war sie tot und mit mir wurde es zehnmal ärger. Als das Vermögen unter mir und den Kindern gleich geteilt war, fand ich, dass ich mit dem, was mir zugefallen war, nicht mehr so leben könne, wie ich es gewohnt war. Dass ich mich einschränken sollte, ging mir nicht in den Kopf und darum lebte ich in dem alten Saus und Braus fort. Mit jedem Monat nahm ich mir vor, mich einzuschränken, aber es kam nicht dazu. So gingen ein paar Jahre ins Land und nicht nur mein Vermögensanteil war aufgezehrt, sondern auch das Geld der Kinder war angegriffen. Meine Söhne, die nach und nach heranwuchsen, machten mir die bittersten Vorwürfe, und verlangten, dass ich ihnen ihr Eigentum ersetzen solle. Ich hielt mir die Jungen durch Toben und Schelten vom Leibe, insgeheim aber machte ich Plan auf Plan, wie ich ihren Forderungen genügen und mir selbst zugleich eine tüchtige Geldquelle öffnen könne. Aber umsonst. Unterdessen ging ich von Zeit zu Zeit auf See und nahm niemand als meine Söhne mit. Warum, wusste ich damals nicht zu sagen, aber es war mir, als müsste ich fremde Augen scheuen. So lagen wir auch einstmals auf der Cuxhavener Reede, um am anderen Morgen in See zu gehen und einige Schiffe in Empfang zu nehmen, die längst erwartet wurden. Meine Söhne waren schlafen gegangen, aber ich stand um Mitternacht noch auf Deck und schaute über die See hin, als es mich plötzlich wie eine finstere Ahnung durchzuckte. Zugleich knickte und knackte es vorn am Ewer als ob der ganze Bug eingedrückt würde. Schnell eilte ich dahin, aber schon auf halbem Wege blieb ich stehen, denn bei der Anke rwinde bewegte sich etwas. Es war eine kleine Figur, wie aus schwärzlichem Nebel geformt und kaum über einen Fuß hoch. Sie hatte eine solche Gelenkigkeit in den Gliedern, dass sie keinen Augenblick still stand, sondern immer hin und her hüpfte, ohne ein Geräusch zu machen.

› Martin Koch! Martin Koch!‹ erscholl es, aber so fein, wie ich noch nie einen menschlichen Ton gehört hatte. Ich tat zitternd ein paar Schritte. › Martin Koch! Martin Koch!‹ rief es noch einmal und nur mit der größten Anstrengung brachte ich die Worte hervor: ›Wer bist du? Was willst du?‹ ›Klabautermann bin ich und meine es gut mit dir. Nimm dich in acht! Der Böse hat dein Herz gefasst und es mit einem Kabeltau geentert. Schneide es ab und rette die unsterbliche Seele.‹ Kaum waren diese Worte verhallt, als das schwarze Wesen verschwunden war. Mir standen die Haare zu Berge und ich war nicht imstande, mich von der Stelle zu bewegen. Als ich zur Besinnung kam, stürzte ich zu dem Ort, wo ich den Klabautermann gesehen hatte, aber es war vergebens. Ich blieb voll Angst und Schrecken allein, bis mit Tagesanbruch meine Jungen heraufkamen und sich wunderten, dass ich sie nicht geweckt hatte, um mich abzulösen. Ich war zu tief bewegt, um zu sprechen, und befahl ihnen kurzab, den Anker zu lichten. Gegen Mittag erblickten wir ein Schiff, das sich nur mit Mühe über Wasser hielt. Es hatte starke Havarie und war weit aus dem Fahrwasser. Wir refften unser Segel und steuerten gegen das Schiff, das uns gegenüber in Luv lag. Als wir nahe genug heran waren, rüstete ich mich, an Bord dieses Dreimasters zu gehen, der eine dänische Flagge zeigte, und befahl meinen Söhnen, möglichst in unserer Nähe zu bleiben. Kaum hatte ich das Deck des Dänen betreten, als ein freundliches Lächeln über jedes Gesicht flog, und der Kapitän kam mir mit solcher Herzlichkeit entgegen, dass ich mich in dem Augenblick außerordentlich viel dünkte, und mit gemessener Stimme meine Befehle erteilte, die blitzschnell vollzogen wurden. Dadurch gelang es mir, das Schiff gegen Abend an einen völlig gefahrlosen Ort zu bringen. Dies machte einen guten Eindruck auf den Kapitän, der erzählte, er fahre für ein Kopenhagener Haus, komme von St. Croix und habe außer Kaffee und Zucker die bedeutende Summe von hunderttausend spanischen Talern in Gold an Bord. Die letzte Nachricht erregte mich so sehr, dass ich alle Mühe hatte, mich nicht zu verraten. Ich beratschlagte mit dem Kapitän, welche Mittel wir anwenden wollten, wenn der Sturm während der Nacht mit gleicher Stärke anhalten sollte, und sagte ihm, dass ich noch immer für nichts garantieren könnte, und dass er daher seine Schiffspapiere und was sonst von bedeutendem Wert an Bord sei, in Bereitschaft halten solle, damit es im Notfall schnell gerettet werden könne. Der Kapitän war ganz meiner Meinung, verpichte die Blechdose mit den Schiffspapieren auf das Sorgfältigste, holte drei große lederne Geldkatzen hervor, worin sich das Gold befand, schnallte sich die eine um, drängte die zweite mir auf und gab die dritte seinem Sohn, der als Untersteuermann an Bord war. So gingen wir in größter Aufregung den Ereignissen der hereinbrechenden Nacht entgegen. Der Teufel, der sich meiner vollständig bemächtigt hatte, machte mir alles leicht. Ich befahl dem Bootsmann, das Steuerruder zu verlassen und nahm selbst die Steuertalje zur Hand. Der Südost fing heftiger an zu stürmen, die Ebbe, die mit furchtbarer Gewalt einsetzte, trieb uns immer weiter nordwärts. Statt so viel wie möglich dem Strom Widerstand zu leisten und einen Ankerplatz zu suchen, der sich vielleicht hätte finden lassen, ließ ich das Schiff ruhig forttreiben und hielt die Leute durch Befehle aller Art stets in Bewegung, damit sie mich nicht beobachten sollten. Meine Söhne waren in unserer Nähe. Die Nacht wurde immer finsterer; auf dem Wasser lagerte sich dichter Nebel; die Wellen warfen den Grundsand auf das Deck. Ich war dem rechten Fahrwasser so lange mutwillig aus dem Wege gesteuert, dass ich nun selbst nicht mehr wusste, wo ich mich befand. Mein Herz schlug gewaltig, der Angstschweiß stand mir auf der Stirn. Der Kapitän, der mich schon längere Zeit ruhig betrachtete, so viel seine eigene Aufregung dies zuließ, stürzte auf mich zu, und meine Hand fassend, rief er mit funkelnden Augen: › Lotse! Habt Ihr alles getan, was Ihr als rechtschaffener Mann zu tun schuldig wart? Könnt Ihr mit dieser Behauptung vor Gott hintreten, ohne dass das geopferte Leben von vierzehn unschuldigen Menschen Euer Gewissen drückt? ‹ › Brandung im Luv! ‹ rief es in diesem Augenblick vom Bug her. Der Sohn des Kapitäns stürzte bald darauf bleich, zitternd am ganzen Körper, auf seinen Vater zu: ›Dort ist die Brandung auch in Lee!‹ Jetzt war an keine Rettung mehr zu denken, denn wir trieben mit dem Strom machtlos vor dem Wind hin. Die Verwirrung war allgemein, alle kreischten durcheinander, kein Wort wurde verstanden. Ich aber verwünschte meinen früheren Leichtsinn und beschloss, das Schiff unter allen Umständen zu retten, aber es war zu spät. Als ich das Steuer erhob, saß der Vordersteven fest. Das Schiff stieß mit solcher Gewalt auf, dass der Kiel absprang und das Wasser von allen Seiten ungehindert hereinstürzte. Der Kapitän, als er sich überzeugt hatte, dass das Schiff verloren sei, verließ mit seinem Sohn und neun Matrosen in dem großen Boot das Wrack; die Schaluppe war schon früher zertrümmert, und ich hätte auf dem Schauplatz meines Verbrechens enden müssen, wenn nicht bei Tagesanbruch sich meine Söhne an uns herangewagt und mich gerettet hätten, um ein banges Dasein voll Angst und Reue zu führen. Als wir die mit mir zugleich geretteten Matrosen in Cuxhaven an Land gesetzt hatten und ich mit meinen Söhnen allein war, sagte ich nichts von dem, was ich getan hatte, aber ich schnallte die Geldkatze ab und schüttete das Gold vor ihnen aus. Als wir bald darauf hörten, dass das Boot, worin sich der Kapitän und sein Sohn befunden hatten, an Land getrieben sei und deren Leichen aufgefunden waren, betrachteten wir das Gold als unser Eigentum und beschlossen, auch künftig niemals solche gute Gelegenheit vorübergehen zu lassen.«

Der alte Röhrs sprang auf: »Das hat mir der gute Gott eingegeben, dass ich, aus Freundschaft für deine verstorbene Frau, deinen Jüngsten, den Jakob, zu mir nahm und ihn erzog. « »Gott sei dafür gepriesen«, entgegnete Koch und fuhr fort: »Wir gingen bei einem heftigen Sturm in See und jauchzten laut auf, als wir ein dänisches Barkschiff erblickten. Schon waren wir auf eine Viertelmeile heran, als wir einen Amerikaner gewahrten, der in gleicher Not war. Vor Freuden wussten wir kaum, wohin wir uns wenden sollten. Da war mirs, als hörte ich eine leise Stimme mir zurufen: › Martin Koch, ich verlasse dich!‹ und gleich darauf sah ich eine schwarze Nebelgestalt, die über den Bug des Ewers in die See hinabglitt. Angst und Schrecken ergriffen mich; ich konnte mich kaum aufrecht halten. Wir legten beidem Dänen an, den ich übernahm, und meinen Söhnen befahl, dem Amerikaner zu Hilfe zu eilen. Kaum hatte ich an Bord des dänischen Schiffes meine ersten Befehle gegeben, als ich eine Helgoländer Schaluppe gewahrte, die auch auf den Amerikaner zuhielt. Ich hatte Furcht, dass uns der doppelte Fang entginge. Auch meine Söhne mochten dergleichen befürchten, denn sie steckten die Reffs aus dem großen Segel und lenkten auf den Amerikaner zu. Da hob sich eine Welle hoch empor und rollte auf den Ewer zu; dieser lag ganz seitwärts, das Segel schöpfte Wasser und im Nu hatten die Wellen das Fahrzeug in die Tiefe hinabgerissen. Ich schrie laut auf. Der Kapitän fragte besorgt, was mir fehle, und sprach mir tröstend zu, als er es erfuhr. So viel Schrecken brach mein Herz; ich wandte mich gewaltsam von jener Schauderstelle ab, griff nach dem Steuerruder und fuhr redlich in die Elbe hinein. Mit klopfendem Herzen, mit trockenen, heißen Augen, die keine Träne mehr erquicken wollte, kam ich zu Hause an. Mein erstes war, das unrechtmäßig erworbene Gold zusammenzuraffen, und als ich wieder in See ging, versenkte ich es in eine Untiefe. Seitdem habe ich mich rein gehalten von allem Bösen, aber ich fühle es recht gut, dass eine jahrelange Reue mich noch nicht entsündigt hat. Meine Stunde wird kommen und der Herr mich rufen; ich halte seiner züchtigenden Hand stille.«

So endete Martin Koch seine Geschichte. Röhrs ging mit raschen Schritten auf und ab. Ihn bewegte es tief, den alten Freund, der um niederer Habsucht willen zum Verbrecher geworden war, fortan verachten zu müssen. Der Tag brach an, die Sonne stieg glühend im Osten auf. Man traf Vorbereitungen, in See zu gehen. Die Freunde sprachen nicht miteinander; der neue Tag, der ihnen ins Angesicht leuchtete, machte sie gegenseitig noch fremder. Jakob, hierüber erstaunt, ging fragend von einem zum andern, ward aber von beiden barsch abgewiesen. Sie kreuzten den ganzen Tag umher, aber kein Schiff begegnete ihnen. Am Abend gingen sie bei Wangerooge vor Anker. Als die Nacht hereinbrach, hieß Martin Koch alle unter Deck gehen, weil er doch nicht schlafen könne und die erste Wache übernehmen wolle. Aber auch Röhrs konnte kein Auge zutun.

Er betete für den verirrten Freund. Zu ihm hinaufzugehen, hatte er den Mut nicht; die Erzählung, die er in der vergangenen Nacht gehört hatte, belastete sein Herz zu schwer. Er versank in einen Wachtraum und sah den Trostbedürftigen an sein Lager treten, die Hände flehend zu ihm erhebend. Er fuhr auf und blickte umher. Alles war still. Er vernahm nur das Brechen der Wellen am Bug des Fahrzeugs. Wie von einer bösen Ahnung getrieben, sprang er auf das Deck. Es war leer. Der Wind hatte sich gelegt, die See rollte im leichten Faltenwurf auf dunkler Ferne näher ans Land, der Vollmond schaute hell herab. Röhrs rief angstvoll nach dem Freund, aber umsonst. In der Nähe des Mastes fand er das Taschenbuch des Freundes, darin stand geschrieben: Lebt wohl!

Mit stiller Schonung brachte Röhrs dem Sohn die Nachricht von dem Tode des Vaters bei. Die Ursache verschwieg er. In dem Taschenbuch fand der Freund genaue Auskunft über alles, was auf eine redliche Art erworben war und was nicht. Zu dem letzteren gehörte auch ein niedliches Häuschen, das Koch von dem geraubten Geld erbaut hatte und von dem er sich noch nicht hatte trennen können. Als sie die Elbe hinaufsegelten, zog sich ein schweres Gewitter zusammen, und als das Fahrzeug um die Schulauer Landzunge bog, lag das erst kürzlich verlassene Blankenese vor ihnen. Mit welchem schmerzlichen Gefühl begrüßte es der Sohn. Da brach das Gewitter los; der Donner rollte, die Blitze zischten, ein endloser Regen stürzte herab. Der Wind trieb das Fahrzeug mit immer rascherer Eile durch die Flut. Das Gewitter ward heftiger. Da warf Röhrs das Segel nieder, Jakob stieß den Anker über Bord und das Fahrzeug stand gegen Sturm und Strom. Eine schwarze Rauchwolke wirbelte zwischen den Bergen auf. Der Blitz hatte das Haus des alten Koch getroffen, es brannte bis auf die Grundmauern nieder. Röhrs sah es, wandte sich tief erschüttert ab und faltete die Hände.

Acht Tage darauf legte er Jakobs und Miekens Hände auf den Ruinen des väterlichen Hauses zur feierlichen Verlobung ineinander.

Heinrich Smidt 1798-1967